Deshalb steht der Lockdown für Ungeimpfte rechtlich auf wackeligen Beinen

Die Rechtsgrundlage für die Ausgangsbeschränkungen für Ungeimpfte wirft Fragen auf.

Wien Während die Politik über strengere Maßnahmen streitet, steht nicht einmal der aktuelle „Lockdown für Ungeimpfte“ auf sicheren Beinen. Das Problem: Die rechtliche Grundlage. Im Covid19-Maßnahmengesetz könnte jene Norm fehlen, die im aktuellen Lockdown eine Unterscheidung zwischen Geimpften und Ungeimpften erlaubt.

Das Covid19-Maßnahmengesetz regelt, welche Einschränkungen der Gesundheitsminister überhaupt verordnen kann. Unter anderem definiert es, wo die 2G-Regel eingesetzt werden darf. So kann der Gesundheitsminister anordnen, dass Veranstaltungen oder Restaurants für Ungeimpfte zur Tabuzone werden. Nicht geregelt ist allerdings, dass die bekannten 2G oder 3G über Ausgangssperren entscheiden dürfen.

Diese Regel wollte die Bundesregierung Anfang Jänner 2021 im Rahmen des geplanten „Freitestens“ einbauen, aufgrund einer angekündigten Blockade der Opposition wurde das Gesetzesvorhaben fallen gelassen. Später kommt die Novelle in abgewandelter Form, in der Passage zu den Ausgangsbeschränkungen fehlt der Verweis auf den Grünen Pass aber. Außerdem halten ÖVP und Grüne in den Begründungen zum Beschluss fest: „Klarzustellen ist, dass für das Betreten von öffentlichen Orten in ihrer Gesamtheit die Erforderlichkeit eines solchen Nachweises nicht anzuordnen ist.“

Bußjäger: „Nebulöses Gesetz“

Verfassungs- und Verwaltungsjurist Peter Bußjäger bezeichnet die Norm zu den Ausgangsbeschränkungen als „durchaus nebulös“. Dennoch sei die aktuelle Verordnung trotz aller Unklarheiten rechtskonform. Dies gelte aber nur, solange die medizinischen Experten die Differenzierung für gerechtfertigt hielten, erklärt Bußjäger im VN-Gespräch: „Sollten die Experten anderer Meinung sein, bricht alles in sich zusammen.“ So müsse man fairerweise einräumen, dass „die ganze Geschichte auf etwas wackeligen Beinen steht“.

Aus dem Gesundheitsministerium bzw. vom Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt war kein Kommentar zum Thema zu erhalten. Die Stellungnahme des parlamentarischen Rechtsdienstes (RLW) zur Verordnung wurde am Sonntag im Hauptausschuss des Nationalrates mündlich erläutert. „Die Einschätzung des RLW, die eine Verfassungskonformität nahelegt, liegt nicht schriftlich vor“, erläutert Karl-Heinz Grundböck, Sprecher der Parlamentsdirektion. Offizielle Beschwerden zum Lockdown gibt es auch noch keine: Im Verfassungsgerichtshof werde noch kein Fall zur aktuell gültigen Covid-Verordnung behandelt, berichtet dessen Sprecherin Cornelia Mayrbäurl auf VN-Anfrage.

 

Dieser Text erschien zuerst am 18.11.2021 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.