Olga Mikutina: Perfektionistin mit Leib und Seele

Die Eiskunstläuferin Olga Mikutina blickt der Saison entgegen. Neue Aufgaben warten.

Feldkirch Olga Mikutina zieht ihre Kreise auf dem Eis. Immer und immer wieder. Sie springt zum Takt der Musik, dreht ihre Pirouetten, spult ihr neues Programm runter und holt sich zwischendurch Anweisungen bei Trainerin Elena Romanova ab. Während der Trainingseinheiten ist die Feldkircher Vorarlberghalle ganz ihre. Dabei musste sich die 18-jährige Feldkircherin nach körperlichen Beschwerden im Sommer für längere Zeit schonen – nun steht ihr ein intensives Trainingsprogramm vor dem Start der neuen Saison bevor.

Erst 2016 kam Mikutina aus der ukrainischen Industriestadt Charkiw nach Österreich – ihre damalige Trainerin vermittelte sie zur erfahrenen Romanova nach Feldkirch. Nach einem Probetraining wurde der Umzug in die neuen Lebensumständen fix gemacht, mit Mama Viktoria übersiedelte Olga Mikutina nach Feldkirch: „Das war ein großer Unterschied. In Wien wäre das vielleicht noch einmal anders, aber in Vorarlberg sind das wirklich andere Lebens-bedingungen.“ Gut eingelebt habe sie sich aber dennoch: „Es hat nur kurz gedauert, dann habe ich die Vorteile hier gesehen, zum Beispiel die schöne Landschaft.“ So wurden die ersten Jahre zum „Erlebnis“, wie sie selbst sagt, denn „man weiß nie, was richtig ist. Manchmal muss man etwas riskieren“.

Schwieriges Zeitmanagement

Mit ihrem „Hauptberuf“ – dem Besuch des Gymnasiums Rebberggasse in Feldkirch – lasse sich das Training manchmal zeitlich nur schwer vereinbaren: „Ich trainiere meistens zwei Stunden pro Tag auf dem Eis, da ist es oft mit dem Stundenplan schwierig.“ Hinzu komme ein ausgeprägter Perfektionismus, den bescheinigt ihr auch ihre langjährige Trainerin Elena Romanova: „Sie ist sehr ehrgeizeig und sehr diszipliniert.“ Das zeige sich auch in der Erholungsphase nach ihrer Knieverletzung: „Olga macht ihre Übungen vom Physiotherapeuten sehr gewissenhaft.“ Und auch wenn sie im Moment noch nicht auf ihrem Leistungsmaximum sei, zeigt sich Romanova zuversichtlich: „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Diese Hoffnung hat auch Olga selbst, man merkt ihr an, dass sie für das Training und für den Sport brennt: „Ich betreibe Eiskunstlauf, weil es mir gefällt und weil es mir Spaß macht. Nicht, weil ich mir überlege, ob es sich irgendwann einmal lohnen könnte. Die Ergebnisse kommen dann irgendwann von selbst.“ Speziell sei für sie die Verbindung mit der Musik: „Ich bin seit meiner Kindheit musikalisch. Mit dem Internet versuche ich im Moment, mir das Klavierspielen beizubringen.“

Ihren wohl bisher größten Erfolg feierte Mikutina im März diesen Jahres, bei den Eiskunstlauf-Weltmeisterschaften im schwedischen Stockholm. Dort begeisterte sie die internationalen Beobachter und die Jury vor Ort gleichermaßen und landete auf dem achten Gesamtrang. Doch gleichzeitig ließ sie gleich nach dem Turnier aufhorchen, „es gibt immer etwas zu verbessern“ verlautbarte sie damals selbstkritisch: „Wenn ich mir jetzt noch einmal die Videos von der Weltmeisterschaft anschaue, sehe ich ganz viele Dinge, die ich besser machen könnte.“

Peking ante Portas

Auf den Punkt wird sie diese Verbesserungen ab November bringen müssen – dort beginnt die heiße Phase der Saison. Zum einen wird Olga Mikutina auf Einladung des Internationalen Skating-Verbandes beim Grand-Prix teilnehmen – zwei Turniere in Tokio (12. bis 14. November) und Sotschi (26. bis 28. November) warten auf sie. Gleichzeitig wird sich für die Gymnasiastin in den kommenden Wochen endgültig entscheiden, ob sie als Österreichs Vertreterin zu den Olympischen Winterspielen nach Peking fahren wird dürfen. Einen Quotenplatz für Rot-Weiß-Rot hatte sie bereits erkämpft, nun muss der Verband die Entsendung vornehmen. Ausschlaggebend hierfür ist das Ergebnis der Staatsmeisterschaften, diese finden vom 9. bis 11. Dezember in Graz statt. Mit einer großen Favoritin namens Mikutina.

Die Erwartungen für die kommenden Monate sind auf jeden Fall abgesteckt: „Ich glaube, das wird ein sehr emotionales Jahr. Einige Ziele habe ich mir vorgenommen, und ich finde auch, dass man sich darauf konzentrieren sollte.“ Aber gleichzeitig wolle sie ihre Zeit mit dem Sport genießen, „nicht dass dann alles plötzlich vorbei ist.“ Und so kann und will Mikutina auch nicht einschätzen, wie sie sich in einem Jahr entwickelt haben wird. Nur so viel sagt sie: „Hoffentlich hatte ich Spaß dabei.“

 

Dieser Text erschien zuerst am 10.11.2021 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.