Von vierzehn Anwärtern wurde es der fünfzehnte

Michael Linhart wird Botschafter in Berlin, ohne sich dafür beworben zu haben.

Wien, Berlin Michael Linhart war seit 2018 österreichischer Botschafter in Paris, hatte sich gut in der Stadt eingelebt und erwartete bereits die spannende Zeit während der nun laufenden EU-Ratspräsidentschaft Frankreichs.

Dann kam der Oktober 2020, Sebastian Kurz (ÖVP) trat als Kanzler zurück, Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) folgte ihm als Regierungschef nach, also musste ein Nachfolger im Außenressort her. Die Wahl fiel auf den 63-jährigen Vorarlberger Linhart, er folgte dem Ruf nach Wien ins Außenamt. Doch die Amtszeit währte nur 56 Tage, nach einer weiteren Rochade wurde Schallenberg am 6. Dezember wieder Außenminister.

So kam die Frage auf, wie es für Linhart weitergeht. Die Leitung der Botschaft in Paris hat das Außenressort schon wieder neu besetzt, eine Rückkehr war damit ausgeschlossen. Frei war hingegen der Botschafterposten in Berlin. Das Problem: Der Job wurde bereits ausgeschrieben, die Bewerbungsfrist endete Ende Oktober, also noch bevor sich Michael Linhart nach einer neuen Stelle umschauen musste. Das stellte zwar ein kleines Problem dar, ein Hindernis war es für den nunmehr zurückgekehrten Außenminister Alexander Schallenberg aber nicht. Das geht zumindest aus seiner aktuellen Anfragebeantwortung an den FPÖ-Nationalratsabgeordneten Axel Kassegger hervor.

„Die Begutachtungskommission hat am 24. November 2021 getagt und die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber geprüft“, erläutert der Außenminister im Schreiben an den Nationalrat die Besetzung: „Es wurden 14 Bewerbungen eingereicht, davon wurden vier Bewerberinnen und zehn Bewerber für die Wahrnehmung der ausgeschriebenen Funktion als geeignet angesehen.“ Michael Linhart war nicht unter diesen Personen, er hatte sich nicht beworben. Dennoch wurde er von Schallenberg dem Ministerrat vorgeschlagen und schlussendlich auch bestellt: „Ich bin nicht an die Gutachten der Begutachtungskommission gebunden.“ Linhart tritt seinen Posten in Berlin Anfang März an, die 14 geeigneten Bewerberinnen und Bewerber kamen nicht zum Zug.

 

Dieser Text erschien zuerst am 18.02.2022 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.