Kommentar: Rechtssicherheit schaut anders aus

Die Regierung schafft es immer noch nicht, die Pandemie abzuwickeln. Und das, obwohl der neue Gesundheitsminister Johannes Rauch gleich bei seinem ersten Auftritt Großes verkündete: Er wolle mit dem Corona-Management wieder Sicherheit verbreiten. Das Resultat in der Praxis, als Menschen am Dienstag auf die neuen Maßnahmen warteten, die am Mittwoch gelten sollen: Unsicherheit in vielen Bereichen. Unsicherheit in der Gastronomie und bei Veranstaltern darüber, welche Regeln jetzt gelten. Unsicherheit bei Behörden: Sie müssen das Recht schlussendlich exekutieren, Strafen verhängen, Veranstaltungen genehmigen oder verbieten. Und zwar so, dass es nachvollziehbar ist. Das ist mit dem Hin und Her zu später Stunde praktisch unmöglich geworden.

Denn irgendwann in der Nacht war klar: Die Verordnung kommt nicht mehr rechtzeitig. Die erweiterte Maskenpflicht muss um einen Tag verschoben werden. Das gebietet die Rechtssicherheit; vor Mitternacht müssen die Normen für das Volk einsehbar im Internet stehen. Dass das Gesundheitsministerium die Verzögerung per Rundruf verkündete und dabei immer wieder betonte, es gehe nur noch um letzte Abstimmungen, konnte über die Streitereien in der Koalition kaum hinwegtäuschen.

Im Gesundheitsministerium wird schlampig gearbeitet. Im ersten Corona-Sommer, zum Beispiel, wurde eine Einreiseverordnung wegen gravierender Mängel noch vor Inkrafttreten wieder geändert. Immer wieder erschienen Verordnungen erst wenige Stunden, nämlich knapp vor Mitternacht, vor dem geplanten Zeitpunkt, obwohl die Maßnahmen Tage zuvor angekündigt wurden. In den Regeln war monatelang von Sanitärartikeln die Rede, obwohl Sanitätsartikel gemeint waren. Und dann war da noch der erste Entwurf des Impfpflichtgesetzes, der vom Verfassungsdienst in einer Stellungnahme mit 50 Seiten Korrektur gelesen werden musste. Schlussendlich wurde ein komplett neues Gesetz geschrieben.

Dass es beim Verfassen einer solch weitreichenden Verordnung genaue Abwägungen braucht, steht außer Frage. Dass eine Pandemie nichts Alltägliches ist, ebenso. Aber in deren drittem Jahr müssten die Arbeitsprozesse klar sein, müsste der Arbeitsaufwand abgeschätzt werden können. Rechtssicherheit schaut anders aus. Das alles ist zudem nur ein Sinnbild für die Arbeitsweise der zwei Regierungsparteien.

 

Dieser Kommentar erschien zuerst am 24.03.2022 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.