Fast 100.000 Stellungnahmen: Impfpflicht unter genauer Begutachtung

Am Montag endet das Begutachtungsverfahren zum Gesetzentwurf. Große Änderungen sind nicht zu erwarten.

Wien, Schwarzach Die Studienvertreter der Fachhochschule Vorarlberg warnen vor einer Spaltung durch die Impfpflicht. Das geht aus ihrer Stellungnahme zum geplanten Gesetz hervor. Sie kritisieren insbesondere, dass dieses nur für jene gelten soll, die in Österreich gemeldet sind. Pendler wären von der Impfpflicht ausgenommen. Eine Spaltung der Studierenden wäre die Folge, halten die Studienvertreter fest. Sie fordern von der Bundesregierung, zunächst Alternativen zu prüfen. Die Impfpflicht könne nur die „Ultima Ratio“ sein.

Über 90.000 solcher (oder zumindest ähnlicher) Stellungnahmen sind seit 9. Dezember zum Vorhaben des Gesundheitsministeriums eingegangen. In einem Begutachtungsverfahren sind Behörden, Institutionen und Privatpersonen dazu aufgerufen, ihre Stellungnahmen zu einem Gesetzentwurf abzugeben. Jenes zur Impfpflicht läuft zwar noch bis heute, Montag – dennoch ist es bereits jetzt das „erfolgreichste“ in der Geschichte, wie die Parlamentsdirektion auf VN-Anfrage erklärt. Dahinter reihen sich drei weitere Gesetze mit Corona-Bezug, zu welchen es ebenso jeweils über 10.000 Stellungnahmen gab. Unter anderem ist die rege Beteiligung stark mobilisierenden Maßnahmen-Gegnern geschuldet, wie viele teils wortgleiche Stellungnahmen zeigen. Die Stellungnahme des Landes Vorarlberg liegt bis dato noch nicht vor.

Für Laurenz Ennser-Jedenastik, Politikwissenschafter an der Universität Wien, ist die hohe Zahl der Stellungnahmen vor allem ein Indikator dafür, wie viel Konfliktpotenzial das Gesetz birgt: „Das Begutachtungsverfahren ist ein Ventil dafür, das für alle öffentlich sichtbar zu machen.“ Außerdem erfolge damit eine wichtige Dokumentation über die Meinung gesellschaftlicher Institutionen: „Länder, Sozialpartner und Interessengruppen legen ihre Standpunkte dar. Das verbreitert den Diskurs“, erklärt er im VN-Gespräch.

„In der Geschichte war das Begutachtungsverfahren oft nur eine Plattform“, sagt Ennser-Jedenastik. Schließlich sei der Gesetzgeber nicht dazu verpflichtet, auf die dargelegten Standpunkte einzugehen. Auch beim aktuellen Impfpflicht-Gesetz sind keine große Veränderungen oder gar eine Absage zu erwarten, meint der Politikwissenschafter: „Wir wissen aus Umfragen, dass die Zustimmung zur Impfpflicht rasant gestiegen ist.“ Das sei besonders bei den Unterstützern der Regierungsparteien der Fall. „Wenn man das Gesetz jetzt wieder absagt, vergrämt man eher das eigene Klientel.“

 

Dieser Text erschien zuerst am 09.01.2022 in den Vorarlberger Nachrichten und ist weiterhin hier abrufbar.