FM4-Kolumne, No. 3: Punschlos durch die Weihnachtszeit

Wohnungen in der großen Stadt werden schon wieder aufgelöst, am Weihnachtsmarkt darf nur die Beleuchtung bestaunt werden. Wünsche vieler Menschen im ersten Semester an ein neues Leben sind coronabedingt nicht ganz eingetreten.

Am vergangenen Wochenende habe ich bis in den späten Abend hinein gearbeitet und bin dann mit dem D-Wagen (Auf Twitter musste ich schmerzlich lernen, dass es nicht „die D-Bim“ oder so ähnlich heißt) heimwärts gefahren. Wie es sich für einen Lockdown gehört, war nichts los, die Ringstraße war wie leergefegt, ein Radfahrer in T-Shirt und kurzer Hose ist mir aufgefallen, es war nämlich eiskalt. Ansonsten: Dunkelheit und Stille. Bis wir am Rathaus vorbeikamen. Da hat mich die Weihnachtsbeleuchtung geblendet und erschlagen.

Die Vorfreude war ja groß auf die Wiener Weihnachtsmärkte, trotz der Überzeugung, kein so gutes Raclette wie in Feldkirch zu finden, und auch auf den anregenden und wärmenden Vorarlberger Schnaps (Wer Subirer verweigert, wird aus dem Ländle verbannt oder so) verzichten zu müssen. Doch leider fallen die in diesem Jahr aus bekannten Gründen flach, wie vieles der „klassischen“ Freizeitgestaltung von Student:innen. Bei mir im Wohnheim sind jegliche öffentliche Räume für Zusammenkünfte gesperrt, wir müssen uns mit semilegalen Konstruktionen im Privaten aushelfen. Die sind aus meiner (und vieler anderer) Sicht dringend notwendig und in Wien dank gut ausgebautem Gurgeltest-System ja auch problem- und gefahrlos möglich. Im Unterschied zu Vorarlberg.

Jedenfalls sind diese aktuellen Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung ein Problem, auch für Erstsemestrige. Wie im Text vor zwei Wochen bereits erwähnt, leiden diese – einer aktuellen Studie zufolge – unter der Belastung durch die Distanzlehre. Die zog sich ja bei vielen Lehrveranstaltung teilweise durch das ganze Semester bisher, die Auswirkungen des Lockdowns kommen jetzt noch oben drauf. Bei uns am sozialwissenschaftlichen Institut, zum Beispiel, wurden die sogenannten „Steop-Mentorings“ abgesagt oder ins Digitale verschoben. Dies sind Veranstaltungen, die beim Zurechtfinden in den Gebäuden und in der Stadt sowie beim Studium helfen sollen. Man tauscht sich mit Kolleg:innen aus dem fünften Semester aus, die wissen Bescheid über die Feinheiten bestimmter Prüfungen und auch Wiens an sich. Doch diese Feinheiten (zum Beispiel: Was ist der beste Punschstand?) können im Moment nicht ausgenützt werden, so höre auch ich aus dem Studienumfeld immer mehr, dass viele an einer Art sozialer Verwahrlosung leiden.

Geimpft – wie mittlerweile 84 Prozent der Student:innen – sind sie zum Daheimbleiben verpflichtet, dazu meist noch in einer neuen Stadt, gemeinsam mit den wenigen Freund:innen in den eigenen Wohngemeinschaften. Das schlägt vielen schwer auf den Magen und aufs Gemüt. Es geht sogar so weit, dass einige ihre Zimmer oder Wohnungen in der Stadt wieder auflösen und zurück zu den Eltern ziehen. Denn Online-Vorlesungen können auch von dort aus besucht werden. Wie auch die Skype-Sessions mit den besten Freund:innen, die mittlerweile zu unser aller Alltag gehören. Damit wir eben nicht sozial verwahrlosen. Und uns gemeinsam darauf freuen können, das Raclette-Sortiment Wiens durchzuprobieren. Das machen wir dann, nachdem unsere semilegalen Konstruktionen, Kontakte zu pflegen und Punsch zu trinken hoffentlich nicht aufgeflogen sind.

Bleibt gesund, haltet durch!

 

Dieser Text erschien zuerst am 04.12.2021 bei FM4-Online und ist weiterhin hier abrufbar.

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